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invasive aquatische Neobiota

invasive Arten

Verbotene Pflanzen und Tiere in der EU

Nuttalls Wasserpest an der Ems

Nuttalls Wasserpest (Elodea nuttallii) wurde auf unserer Ems-Exkursion 2019 in einem Tümpel in der Emsaue gefunden.
Zum Schutz der einheimischen Flora und Fauna wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Tiere und Pflanzen verboten, die nicht mehr in die EU eingeführt werden dürfen und auch einem Handels- und Vermehrungsverbot unterliegen. Sie sind auf einer "Schwarzen Liste" zusammengefasst. Diese Tiere und Pflanzen dürfen auch von Privatleuten nicht weiter vermehrt und nicht verkauft, verschenkt oder getauscht werden. Viele dieser Tiere und Pflanzen sind als Besatz in der Aquaristik, der Terraristik und für den Gartenteich bekannt.
Einige der invasiven Arten sind schon hier im Kreis Warendorf heimisch geworden. Beispielsweise werden gelegentlich Schmuckschildkröten (Trachemys scripta) im Ems-See gesichtet. Entlang der Ems ist an verschiedenen Stellen Nuttalls Wasserpest (Elodea nuttallii) zu finden. Wir haben sie bei einer Exkursion der Zierfischfrende Warendorf im Bereich der renaturierten Emsaue gefunden.
Sonnenbarsche, Kamberkrebse, Signalkrebse und der Marmorkrebs kommen verwildert in verschiedenen Flüssen und Seen in Nordhein-Westfalen vor. Das Drüsige Springkraut und der Nutria sind in Deutschland weit verbreitet.
Darum betrifft uns das Thema als münsterläner Aquarianer, Terrarianer und Teichbesitzer ganz direkt.

Die Unionsliste

Die Unionsliste invasiver Arten ("Schwarze Liste") führt alle Pflanzen und Tiere auf, die als invasive Arten gelten und darum in Zukunft nicht mehr in das Gebiet der EU gebracht werden dürfen. Die Haltung, Vermehrung und die Weitergabe dieser Arten ist untersagt. Im folgenden sind nur Arten aufgeführt, die wir als Vivarianer und Teichbesitzer kennen.
Es sind aber nicht nur Arten aus dem Hobby betroffen, sondern auch Tier- und Pflanzenarten, die in botanischen Gärten und Zoos gepflegt werden. Auf der Liste stehen zum Beispiel auch der Waschbär, den Nasenbären und das Muntjak, die bereits seit 2016 nicht mehr in Zoos vermehrt werden dürfen. Ebenso gehört der Nutria zu den invasiven Arten und das Drüsige Springkraut. Aber auch Gartenpflanzen wie die Gunnera und das Lampenputzergras stehen mit auf der Liste.

aquatische Tiere auf der "Schwarzen Liste"

Sonnenbarsch im Aquarium

Der Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus) ist als Teichfisch bekannt und gilt als invasive Art. Seit Juli 2019 steht er auf der Liste der Arten, die nicht mehr importiert, vermehrt oder weitergegeben werden dürfen.
Krebse
Eriocheir sinensis - Chinesische Wollhandkrabbe (seit 2016)
Orconectes limosus - Kamberkrebs (seit 2016)
Orconectes virilis - Nördlicher Flusskrebs / Virilier Flusskrebs (seit 2016)
Pacifastacus leniusculus - Signalkrebs (seit 2016)
Procambarus clarkii - Roter Amerikanischer Sumpfkrebs (seit 2016)
Procambarus fallax (f. virginalis) - Marmorkrebs (seit 2016)

Schnecken
Es gibt einen Durchführungsbeschluss der EU vom 8. November 2012, der den Import, die Zucht und die Weitergabe von Apfelschnecken der Gattung Pomacea untersagt. Die Weitergabe der beliebten bunten Spitzen Apfelschnecke in allen Farbschlägen (gelb, braun, weiß, rose, violett und blau) ist darum EU-weit ebenfalls verboten.

Fische
Lepomis gibbosus - Gemeiner Sonnenbarsch (seit 2019)
Perccottus glenii - Amurgrundel
Plotosus lineatus - Korallenwels (seit 2019)
Pseudorasbora parva - Blaubandbärbling (seit 2016)

Lurche und Kriechtiere
Lithobates (Rana) catesbeianus - Amerikanischer Ochsenfrosch (seit 2016)
Trachemys scripta - Gelbwangen-Schmuckschildkröte, Rotwangenschildkröte, Cumberland-Schmuckschildkröte (seit 2016)

Zusätzlich zur "Schwarzen Liste" gibt es eine "Graue Liste". Darauf sind zum Beispiel der Moskitokärpfling (Gambusia holbrooki) und der Goldfisch (Carassius auratus). Sie unterliegen der Beobachtung und könnten in den nächsten Jahren mit auf die "Schwarze Liste" kommen, so wie es beim Sonnenbarsch 2019 passiert ist.

Wasser- und Sumpfpflanzen

Zu den Pflanzen auf der Unionsliste gehören auch Wasser- und Sumpfpflanzen, die wir bisher als Aquarienpflanzen verwendet haben.

Falscher Wasserfreund

Der Falsche Wasserfreund (Gymnocoronis spilanthoides) ist vor allem als Aquarienpflanze bekannt. Am Gartenteich sieht man die Art selten.
Alternanthera philoxeroides - Alligatorkraut (seit 2017)
Cabomba caroliniana - Karolina-Haarnixe (seit 2016)
Eichhornia crassipes - Wasserhyazinthe (seit 2016)
Elodea nuttallii - Schmalblättrige Wasserpest (seit 2017)
Gymnocoronis spilanthoides - Falscher Wasserfreund (seit 2019)
Hydrocotyle ranunculoides - Großer Wassernabel (seit 2016)
Impatiens glandulifera - Drüsiges Springkraut (seit 2017)
Lagarosiphon major - Wechselblatt-Wasserpest (seit 2016)
Ludwigia grandiflora - Großblütiges Heusenkraut (seit 2016)
Ludwigia peploides - Flutendes Heusenkraut (seit 2016)
Lysichiton americanus - Gelbe Scheincalla (seit 2016)
Myriophyllum aquaticum - Brasilianisches Tausendblatt (seit 2016)
Myriophyllum heterophyllum - Verschiedenblättriges Tausendblatt(seit 2017)
Persicaria perfoliata - Durchwachsener Knöterich (seit 2016)
Salvinia molesta - Großer Büschelfarn (seit 2019)

Informationen zu der Liste der Tier- und Pflanzen-Arten und ihr Status ihres Vorkommens in Deutschland sind auf der Seite des Bundesamt für Naturschutz zu finden.

gesetzliche Regelungen zu Neozoen und Neophyten

Pflanzen und Tiere, die ursprünglich nicht in einem Gebiet vorkommen, sich aber ansiedeln und stabile Populationen bilden, werden als Neophyten bzw. als Neozoen bezeichnet. Haben die Arten das Potential sich schnell zu vermehren und einheimische Arten zu verdrängen, dann werden sie als invasiv bezeichnet. Solche invasiven Arten können dazu beitragen, dass seltene, nur lokal vorkommende Arten oder Varietäten aussterben.
Rotwangenschmuckschildkröte

Die Rotwangen-Schmuckschildkröte ist eine Farbform der Buchstabenschildkröte (Trachemys scripta). Die Tiere wurden in Massen als Jungtiere im Handel angeboten. Sie werden aber schnell zu groß für ein Aquarium. Viele dieser Schildkröten wurden von ihren Haltern ausgesetzt. In der freien Natur verdrängen die Europäische Sumpfschildkröte und fressen die Larven von heimischen Amphibien.
Pflanzen können auch bestehende Ökosysteme verändern, wenn sie Schlüsselarten ersetzen, die für einheimische Tiere als Nahrungspflanzen unverzichtbar sind. Tiere sind Nahrungskonkurrenten oder Fressfeinde.

Um das zu vermeiden, wurde von der EU beschlossen Gegenmaßnahme gegen die unkontrollierte Verbreitung von Tieren und Pflanzen zu ergreifen. Im Oktober 2014 wurde darum die "Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten" beschlossen.
Darin heißt es:
"KAPITEL II, PRÄVENTION, Artikel 7
Beschränkungen
(1) Invasive gebietsfremde Arten von unionsweiter Bedeutung dürfen nicht vorsätzlich
a) in das Gebiet der Union verbracht werden, auch nicht zur Durchfuhr unter zollamtlicher Überwachung;
b) gehalten werden, auch nicht in Haltung unter Verschluss;
c) gezüchtet werden, auch nicht in Haltung unter Verschluss;
d) in die, aus der und innerhalb der Union befördert werden, es sei denn, sie werden im Zusammenhang mit der Beseitigung zu entsprechenden Einrichtungen befördert;
e) in Verkehr gebracht werden;
f) verwendet oder getauscht werden;
g) zur Fortpflanzung, Aufzucht oder Veredelung gebracht werden, auch nicht in Haltung unter Verschluss, oder
h) in die Umwelt freigesetzt werden.

(2) Die Mitgliedstaaten unternehmen alle notwendigen Schritte, um die nicht vorsätzliche oder grob fahrlässige Einbringung oder Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung zu verhindern."

Eine Kommission erarbeitet mit Hilfe von Botanikern und Zoologen eine Liste von Pflanzen, Tieren und Pilzen, die in der EU gebietsfremd sind und prüft, ob diese Arten als invasive Arten einzustufen sind. Das Ziel ist es die weitere Ausbreitung solcher Arten zu verhindern, ihre Bestände zu minimieren und geschädigte Ökosystem wieder herzustellen.

Verbote nicht ignorieren

Wasserhyazinthe

Die Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes) ist als invasive Art bekannt.
Es mag für den Aquarianer schwierig zu verstehen sein, warum einige Arten, die sich teilweise nicht in Deutschland dauerhaft ansiedeln können, weil es für sie zum Beispiel außerhalb von Thermalgewässern zu kalt ist, auch bei uns verboten sind. Der Grund dafür ist, dass es sich um eine EU-weite Regelung handelt. Da es innerhalb der EU keine Grenzkontrollen mehr gibt, dürfen auch Arten, die in Spanien oder Italien potentiell invasiv sein können, nicht in andere EU-Länder eingeführt werden. Sie könnten von dort ohne weitere Kontrollen problemlos überall hin gelangen. Es ist also eine solidarische Entscheidung, bei der betroffenen Länder von nicht betroffenen unterstützt werden.
Die Liste wird zudem kritisiert, weil es sinnlos sei, die Einfuhr von Arten zu verbieten, die sich bereits etabliert haben und sich auch ohne neue Importe nicht mehr in ihren neuen Heimatländern ausrotten lassen. Diese Ansichten ändern nichts daran, dass die EU-Verbote auch für uns in Deutschland gelten.
Übrigens lohnt es sich nicht, in diesem Zusammenhang auf die EU zu schimpfen. Auf der Schwarzen und Grauen Liste invasiver Fischarten Deutschlands und Österreichs von 2010 sind 20 Arten und nicht nur die vier auf der EU-Liste. Darunter sind unter anderem auch der Sibirische Stör und die Regenbogenforelle, Graskarpfen, Marmorkarpfen, Silberkarpfen und Goldfisch, sowie Gambusen. Der Guppy gilt dagegen nicht als invasiv.

Naturschutzgesetz und EU-Verbote

Als Vivarianer sollten wir uns der Verbote bewusst sein. Das Aussetzen von Tieren ist war tierschutzrechtlichen und naturschutzrechtlichen Gründen schon immer nach deutschem Gesetz verboten. Es steht Vivarianern nicht frei selbst zu entscheiden, ob durch das Aussetzen von Tieren und Pflanzen eine Gefährdung für die Umwelt ausgeht. Die Folgen, durch das Verschleppen von Krankheiten (BSAL, Krebspest) oder Parasiten (Fräskopfwürmer) oder die Verdrängung einheimischer Arten (Signalkrebs, Kamberkrebs), sind nicht im Voraus abzusehen.
Argumentation, dass die meisten Tiere nicht von Aquarianern ausgesetzt wurden, sondern zum Beispiel durch Angler oder die Behörden, ziehen nicht. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, um von den eigenen Fehlern abzulenken, ist nicht zielführend und löst keine Probleme. Marmorkrebse und auch Guppys, Zebrabarsche, Antennenwelse und Rückenstrichgarnelen in Erft und Gillbach und auch in anderen Thermalgewässern sind von Aquarianern ausgesetzt worden. Leider sind mit diesen Tieren auch Parasiten in das Gewässer gelangt, die einheimische Tiere befallen und nun auch außerhalb des künstlich erwärmten Bereichs auftreten können.
Die Liste der invasiven Arten in der EU enthält bereits sehr viele aquaristisch interessante Arten und auch Pflanzen und Tiere, die an und in Gartenteichen zu finden sind. Mit jedem Auftreten einer weiteren Art in der freien Natur besteht die Gefahr, dass diese Liste länger wird. Gleichzeitig feuern solche Funde die Diskussion um ein "Verbot der Exotenhaltung" weiter an. Die Verantwortung dafür, dass das nicht passiert, tragen wir alle.

Quellen und weiterführende Informationen:

Stefan Nehring, Franz Essl, Frank Klingenstein, Christelle Nowack, Wolfgang Rabitsch, Oliver Stöhr, Christian Wiesner, Christian Wolter (2010): Schwarze Liste invasiver Arten: Kriteriensystem und Schwarze Listen invasiver Fische für Deutschland und für Österreich.- BfN-Skripten 285

Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten

Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 der Kommission vom 13. Juli 2016 zur Annahme einer Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates

Durchführungsverordnung (EU) 2017/1263 der Kommission vom 12. Juli 2017 zur Aktualisierung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 festgelegten Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung.

Stefan Nehring, Sandra Skowronek (2017): Die invasiven gebietsfremden Arten der Unionsliste der Verordnung (EU) Nr.1143/2014 - Erste Fortschreibung 2017.- BfN-Skripten 471 2017

Durchführungsverordnung (EU) 2019/1262 der Kommission vom 25. Juli 2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 zwecks Aktualisierung der Liste invasiver gebietsfremder Arten von EU-weiter Bedeutung

Bundesamt für Naturschutz: Neobiota und invasive Arten

Flyer des Julius-Kühne-Instituts zu Invasiven Wasserpflanzen

Sven Klimpel, Sebastian Emde, Thorsten Wenzel (2016): ACHTUNG TROJANER! Ein Bach im Einzugsgebiet des Rheins bietet gute Lebensbedingungen für exotische Fische und ihre Parasiten.- Natur-Forschung-Museum, Das Senckenberg-Wissenschaftsmagazin 146, 3/4, 102 - 103